Nils Osowski

Abgekehrt vom weltlichen Treiben des Trauerwesen Mensch, das rote Tränen auf den Unterarm seiner kalten Existenz malt, suche ich. Ein erbärmlich seneszentes Dasein voller Zweifel und Einsamkeit führend, jage ich utopischen Träumen nach, lebe in Kopfwelten, die zum Greifen nah und doch so fern sind. Wer bin ich?
Blasses Licht fällt ein. Draußen ist es hell, und das hineingeschmetterte Licht, nur ein paar wenige Strahlen, die ihre länglichen Körper durch die engen Ritze zu pressen vermochten, erfüllt meinen Blick mit Argwohn. Es sticht in die Augen, ich muss meinen Blick abwenden. Mutter Natur klopft von draußen an, aber ich schicke sie weg. Ich schicke sie alle weg. An den Wänden, beklemmend und unter ihrer Last ächzend, hängen Bilder.
Ich habe mal das Bild eines schönen Menschen betrachtet, hab’s erhängt und betrachtet. Ein Blick in sein Antlitz offenbarte überschminkte Narben, schlaff herabhängende Augen, die grau schimmern und blicklos starren. Das will ich nicht sein. Ich verbrenne das Bild, aus der Asche bau ich mir ein Häuslein. Hier lebe ich seither, hier leb ich gut; Die Glut im Ofen ist heiß. Und geweint haben sie; schrecklich geweint. Ihre Tränen sind wie Jagdtrophäen aufgebahrt in meinem Arbeitszimmer.
Die untergehende Sonne draußen streckt ihre gelben verhassten Füßchen von sich; Mutter Natur klopft nicht mehr, liegt tot auf meinem Teppich aus Knochen schöner Menschen. Ich muss ruhen, hab schon so lange gewacht. Ich schlafe auf klappernden Gerippen der Schönlinge; Als ich dem Schlaf ins feinmaschige Garn gegangen, erkenne ich erst am nächsten Morgen, dass mein Körperkleid fort ist. Ich klappere, und ein Blick in den Spiegel offenbart überschminkte Narben und müde graue Äuglein. Auf meinem Unterarm finden sich rote Tränen einer kalten Existenz.



Rolle im Stück:
Conrad
Textarbeit

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